Mittwoch, 10. November 2010

Traditionelle Chinesische Medizin

Gestern Nachmittag bin ich gemeinsam mit Jane - einer australischen Mitstudentin und unserer Lehrerin Frau Xu zu Herrn Liu gefahren. Herr Liu ist ein in Peking bekannter Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin. Abgeholt wurden wir von seiner Assistentin, die uns direkt zu ihm nach Hause brachte, da er an dem Tag keine offizielle Sprechstunde gab.
Er lebt im Norden Pekings, ganz in der Nähe des Olympiageländes. Seine Wohnung liegt im 13. Stockwerk eines für chinesische Verhältnisse recht ordentlichen Hochhauses.
Jane und ich waren sehr gespannt, als wir vor der Haustür von Herrn Liu standen, hatte man uns doch einen sehr alten Mann mit langem weißen Bart versprochen.
Als Herr Liu dann öffnete waren wir beide zunächst etwas enttäuscht, denn er sah weder aus wie 78, noch hatte er den Ansatz eines Bartes.
Vor uns stand ein kleingewachsener korpulenter Mann, den ich etwa für Mitte 60 schätzte.
Herr Liu sprach unseren Besuch über nur sehr wenig und machte eine ernste Miene, die aber etwas Liebenswürdiges an sich hatte. Er bat mich zu ihm an den Tisch, begann an meinem Handgelenk den Puls abzutasten und wollte meine Zunge sehen.
Zudem wollte er wissen, wie lange ich schon diesen unangenehmen Husten hätte, ob ich in letzter Zeit sehr durstig gewesen wäre und wie alt ich sei.
Meine Antwort auf letztere Frage nahm er mit großer Skepsis zur Kenntnis. Er hielt mich für 18...
Gut das Jane ihr elektronisches Wörterbuch dabei hatte, so konnten wir das ein oder andere unbekannte Vokabular vom Chinesischen ins Englische übersetzen und der medizinischen Fachkonversation ganz gut folgen.
Nach bereits einigen Minuten stand die Diagnose fest: ich habe zu viel Kälte in der Lunge.
Das Ausstellen des Rezeptes dauerte länger als die eigentliche Untersuchung. Herr Liu kreierte ein für mich individuelles Medikament, dass ich später im Krankenhaus in Auftrag geben musste und heute abholen konnte.
Bevor wir wieder aufbrachen, zeigte er uns noch stolz einige Familienfotos, darunter auch ein Porträt, das ihn selbst zeigte. Zudem wollte er wissen, was ich denn in Wien studiert hätte. Meine Antwort entlockte ihm ein breites Grinsen und ein zustimmendes Klopfen auf meine Schulter. Ich strahlte wohl wie ein Honigkuchenpferd. Er war der erste, der meine Studienkombination auf Anhieb und ohne Stirnerunzeln positiv beurteilte.
Anschließend sind wir ins Dongzhimen Krankenhaus gefahren und haben dort die Medizin bestellt. Heute Nachmittag habe ich sie abgeholt.
Ich will nicht wissen, was da zusammengemixt wurde. Jane, die selbst Krankenpflegerin ist (sie ist bereits 43) und Chinesische Medizin studiert hatte, meinte, ich solle das Rezept besser nicht übersetzen. Sie warnte mich aber vor, es würde grauenhaft schmecken.
Ich muss jeden Tag zwei Beutel von der braunen Brühe trinken, dann müsste mein Husten verschwinden. Nach Angaben von Herrn Liu kann dies aber mehrere Monate dauern.
Morgen werde ich damit anfangen, heute nicht... aber morgen bestimmt. Versprochen!
Der wichtigste Rat des Mediziners hatte übrigens nichts mit meiner Gesundheit zu tun. Vielmehr betraf er meine Familienplanung. Mit 26 sollte man nämlich schon mehr als dringend ans Heiraten und ans Kinderkriegen denken, so Herr Liu...

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Zuletzt aktualisiert: 11. Aug, 17:20

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